Notruf-App startet nun doch nicht

Der mobile Notruf für Hörgeschädigte
Notruf-App für Smartphone und Tablet-PC

Am 22.05.2013 trafen sich Vertreter der beiden großen Hörgeschädigtenverbände, Deutscher Schwerhörigenbund e. V. und Deutscher Gehörlosen Bund e. V., zu einem ersten Meinungsaustausch in Berlin. Der Deutsche Schwerhörigenbund e. V. wurde dabei von der DSB-Geschäftsführerin Sabine Mittank und von Klaus Büdenbender, Bundesreferat „Barrierefreies Planen und Bauen“, vertreten. Als Schreibdolmetscherin war Daniela Bräutigam bestellt worden. Der Deutsche Gehörlosen Bund e. V. wurde von Wolfgang Bachmann vertreten. An der Besprechung nahmen auch ein Vertreter / eine Vertreterin des Bundesministeriums des Innern, der Innenministerien Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, des Bundeskriminalamtes, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit e. V. teil.

Zunächst wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Herr Weinem, Leiter der Geschäftsstelle EGN im Bundeskriminalamt, an Hand einer Präsentation das Projekt „Notruf-App“ verdeutlicht. Der rasant wachsende Markt in den Bereichen Smartphones und Tablet-PC bietet demnach auch den öffentlichen Betreibern von polizeilichen und nichtpolizeilichen Notrufabfragestellen in Deutschland die Möglichkeit, dank der technischen Ausstattung der neuen Endgeräte, den Notruf zur europaeinheitlichen Notrufnummer 112 (in Deutschland traditionell Rettungsdienst/Feuerwehr) und 110 (Polizei) erheblich zu verbessern und dadurch die Rettungskette deutlich zu verkürzen. Von großem Nutzen ist dabei insbesondere, dass in der Regel oftmals in den Endgeräten ein Modul zur exakten Positionsbestimmung des Endgerätes integriert ist (GPS). Unter anderem diese technische Komponente führte dazu, dass seitens staatlicher Stellen schon 2009 damit begonnen wurde, eine offiziell autorisierte Softwareanwendung für den Notruf aus öffentlichen Mobilfunknetzen, ausgehend von Smartphones und Tablet- PC (sog. Notruf-App), zu erstellen und damit dem derzeitigen Wildwuchs an sog. Nothilfe- Apps entgegenzuwirken. Die neu zu entwickelnde Notruf-App soll zunächst in Deutschland und später auch im europäischen Ausland verfügbar sein. Sie dient zudem der Vorbereitung des mobilen Endgerätemarktes auf den ab voraussichtlich im Jahr 2015 einzuführenden paneuropäischen automatisierten mobilen Notruf eCall.

Federführend ist bei diesem Projekt die nationale Expertengruppe Notrufe (EGN). Die Expertengruppe Notrufe ist ein Gremium der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder (IMK). Die Mitglieder der EGN sind zu großen Teilen personenidentisch mit den vom Bundesministerium des Innern (BMI) benannten Vertretern der Betreiber von Notrufabfragestellen gem. § 108 Telekommunikationsgesetz (TKG) in den Ländern. Die Geschäftsführung der Expertengruppe Notrufe liegt im Bundeskriminalamt.

Die Software-Anwendung „Notruf-App“ soll konform gehen mit den gesetzlichen Bestimmungen des § 108 TKG, der nationalen Verordnung über Notrufverbindungen (Notrufverordnung - NotrufV) und den Anforderungen der Technischen Richtlinie Notrufverbindungen (TR Notruf). Sie soll auch und insbesondere Belangen von Bürgerinnen und Bürgern mit Sprach-, Hör- oder sonstigen körperlichen Beeinträchtigungen Rechnung tragen. Ziel ist es, die Notruf-App auf den drei marktführenden Betriebssystemplattformen Google, Android, Apple iOS und Microsoft Windows mobile mit jeweils gleichem Funktionsumfang und weitgehend gleicher Bedienoberfläche der Bevölkerung anzubieten.

Im Anschluss an die Ausführungen von Herrn Weinem kam es zu einer angeregten Diskussion. Es wurde dabei deutlich, dass es der Wunsch der EGN ist, die beiden großen Hörgeschädigtenverbände voll in die weitere Entwicklung der Notruf-App mit einzubeziehen. Weiterhin wurden die beiden Verbände gebeten, sich bis Anfang Juli 2013 mit dem aktuellen Lastenheft zu beschäftigen und dazu Stellung zu beziehen. Für die optische Gestaltung der Notruf- App können die beiden Verbände ebenfalls Vorschläge einbringen. Ziel ist es, die Notruf-App schon sehr bald in einer ersten Version anzubieten. Kosten für das Herunterladen der App, sowie für deren Verwendung entstehen keine. Der „mobile Notruf“ wird für alle Bürgerinnen und Bürger kostenfrei sein.

DSB und DGB sagten der EGN ihre volle Unterstützung zu. Beide Verbände sind derzeit dabei, die gewünschte Zuarbeit zu realisieren.




Testphase beginnt

Das Institut für Künstliche Inteligenz in Kaiserslautern hat zwischenzeitlich eine erste Vorabversion der Notruf-App entwickelt. Diese soll im Oktober 2013 im Verlauf von zwei Studien von Mitgliedern der beiden großen Hörgeschädigtenorganisationen getestet werden.


1. Test mit Hindernissen

Am 9. Oktober 2013 fand der erste Test der Notfall-App im Polizeipräsidium Mainz statt. Neben den Verantwortlichen Stellen des Präsidiums waren auch Herr Weppner vom Institut für Künstliche Intelligenz sowie Abordnungen des Deutschen Schwerhörigenbund e. V. und des Deutschen Gehörlosen Bund e. V. anwesend.

Nach einer kurzen Begrüßung durch Herrn Bublies vom Innenministerium Rheinland-Pfalz stellte Herr Weppner die bisher programmierte App an Hand einer kurzen Power Point Präsentation vor und erklärte auch den Ablauf der Testung. Je 15 Minuten pro Testperson waren vorgesehen.

Für den eigentlichen Testdurchgang wurde eine "Versuchsstrecke" aufgebaut. Auf der einen Seite des Saales befand sich der Platz des Notrufers, auf der anderen Seite wurde durch Herrn Weppner eine Leitstelle simuliert. Die Testpersonen sollten nun an Hand von zwei unterschiedlich vorgegebenen Szenarien einen Notruf mit der App absetzen. Dies klappte anfänglich auch sehr gut. Da aber bekanntlich der "Teufel im Detail" steckt, mussten die weiteren Versuche zunächst ausgesetzt werden.

Am 21. Oktober 2013 findet an gleicher Stelle der 2. Testdurchgang statt.


2.Test ein guter Erfolg

Am 21.10.2013 trafen sich erneut Mitglieder der beiden großen Hörgeschädigtenverbände im Polizeipräsidium Mainz, um erneut die Probeversion der Notruf-App zu testen.

Ohne große "Umwege" wurde sofort mit den Testdurchgängen begonnen. Je Testperson waren ca. 15 Minuten vorgesehen. Es galt dabei, einen Notruf mit der Notruf-App an eine "Leitstelle der Polizei und Feuerwehr" abzusetzen. Dies wurde von allen Testpersonen gut geschafft, auch von denen, die gar kein eigenes Smartphon besaßen.

Mit der neuen "Notruf-App" haben zukünftig aber nicht nur Menschen mit einer Hörschädigung die Möglichkeit einen Notruf abzusetzen, sondern z. B. auch Menschen mit einer Sprachschädigung, Epileptiker, usw.. Selbstverständlich aber können auch Menschen ohne Behinderung diese App nutzen.

Im Moment wird noch eifrig an der Realisierung und Fertigstellung der App gearbeitet. Dazu sind u. a. auch noch Testdurchläufe in den Leitstellen von Polizei und Feuerwehr selbst vorgesehen. Das Projekt steht derzeit noch am Anfang. Zu gegebener Zeit werden dann alle 630 Notrufabfragestellen in Deutschland informiert.

Der offizielle Start der App ist für 2014 vorgesehen. Sie wird kostenlos zur Verfügung stehen. Auch der Gebrauch der Notruf-App wird, genau wie ein telefonischer Notruf, dann kostenlos sein.


Polizeipräsidium Mainz

v.l.n.r.:

Herr Seuling (DSB-LV Rheinland-Pfalz), Herr Gerullis (DSB-LV Hessen) Herr Büdenbender (DSB-BV), Frau Strempel und Frau Ohm (DSB-LV Saarland). Nicht auf dem Foto: Frau Petersmann und Herr Schneider (CI-SHG Südwestfalen), Herr Brommer (DSB-LV Hessen)

Foto:

Mitglieder des Deutschen Gehörlosen Bund e. V.